Stellenbilder (STELL)

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Lernziele

Sie wissen, was Stellenbild heißt und kennen den Unterschied zum Berufsbild. Sie kennen verschiedene, sich im Wesentlichen ergänzende Meinungen zu den Aufgaben und zur Qualifikation von Informationsmanagern. Sie erkennen den Unterschied zwischen Informationsmanagern als Innovator und IT-Managern als Dienstleister. Sie kennen weitere, für das Informationsmanagement typische Stellenbilder. Sie erkennen anhand der verwendeten Quellen, dass die vor zwei bis drei Jahrzehnten formulierten, grundsätzlichen Aussagen zum Stellenbild von Informationsmanagern im Wesentlichen auch heute noch Gültigkeit haben.

Definitionen und Abkürzungen

  • Anforderungsprofil (requirements profile) = aus dem Aufgabenprofil einer Stelle zur Aufgabenerfüllung abgeleitete Qualifikation (Wissen, Können, Fähigkeiten, Fertigkeiten).

  • Aufgabenprofil (task profile) = aus dem Leistungsprogramm abgeleitete Teilleistung einer Stelle bzw. eines Aufgabenträgers im Sinne von Aufforderungen, an bestimmten Objekten (Aktionsobjekte) bestimmte körperliche oder geistige Verrichtungen (Aktionsarten) durchzuführen, um definierte Ziele zu erreichen.

  • CEO = Chief Executive Officer.

  • CFO = Chief Financial Officer.

  • CIO = Chief Information Officer.

  • CISO = Corporate Information Security Officer.

  • CKO = Chief Knowledge Officer.

  • Führungsaufgabe (management task) = betriebliche Aufgabe, die der Entwicklung, Gestaltung und Lenkung eines Unternehmens, seiner Teileinheiten oder Teilbereiche (z. B. IT-Bereich) oder Struktureinheiten (z. B. IT-Abteilung) dient.

  • Humanvermögen (human recource) = auf Erziehung, Ausbildung Erfahrung usw. beruhendes, für den Unternehmenserfolg relevantes Leistungsvermögen der Mitarbeiter (Arbeitsvermögen). Synonym: Humankapital

  • IT-Manager (IT manager) = überwiegend informationstechnisch ausgerichtete Führungskraft, die primär administrative Führungsaufgaben wahrnimmt (z. B. RZ-Leiter).

  • Kompetenz (competence) = Handlungsspielraum eines Aufgabenträgers, der zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung erforderlich ist.

  • Projektorganisation (project organization) = Art und Weise, in der die Projektleitung eine Projektgruppe führt und die projektbezogenen Aufgaben in den am Projekt beteiligten Unternehmensbereichen beeinflussen kann.

  • Rolle (role) = Menge von Erwartungen, die das Verhalten von Individuen mit bestimmten Positionen beschreiben.

  • Stabstelle (staff position) = Struktureinheit (Abteilung oder Stelle) zur spezialisierten Aufgabenerfüllung mit einer unterstützenden Funktion für Führungs- oder Leitungsstellen.

  • Stelle (position) = kleinste Einheit der Strukturorganisation, der bestimmte Aufgaben, Kompetenzen, Sachmittel und Aufgabenträger zugeordnet sind.

Ausgangssituation
Informationsmanager
Stellenbild Informationsmanager
Informationsmanager vs. IT-Manager
Weitere Stellenbilder

Forschungsbefunde

Karriere-Markt für Führungskräfte berichtet (ohne Angabe von Art und Zeitraum der Erhebung): Basis der Ausbildung für den „ORG-DV-Manager“ ist zu zwei Dritteln der Abschluss eines Universitätsstudiums oder einer Fachhochschule. Fast 50 % davon geben als Fachrichtung eine wirtschaftlich-kaufmännische Ausbildung an, 20 % haben ein Ingenieurfach studiert und 15 % besitzen eine naturwissenschaftlich-mathematische Ausbildung; die Informatik liegt unter 10 %. Fast zwei Drittel der Stelleninhaber wurden von außen direkt in diese Position eingestellt. Ihr Aufgabenschwerpunkt ist es, „den neuen Produktionsfaktor Information zu organisieren“.
Zitiert nach Karriere-Markt für Führungskräfte. In: Supplement Handelsblatt vom 4.7.1986, K12


Krcmar berichtet, dass von den DV-Leitern – in dieser Reihenfolge – Datensicherheit, Personal und Wettbewerbsorientierung als die wichtigsten zukünftigen Problembereiche angesehen werden (schriftliche Befragung in 303 deutschen Großunternehmen, Befragungszeitraum Sommer 1989). Im Bewusstsein der DV-Leiter hat sich die vielfach vermutete Wettbewerbsorientierung der IT also noch nicht ganz nach vorn bewegen können. Dies steht im deutlichen Widerspruch zu den Ergebnissen von zwei Studien, die 1983 und 1986 in den USA veröffentlicht wurden, die eine eindeutige Dominanz der Wettbewerbsorientierung festgestellt haben.
Krcmar, H.: Informationsmanagement – Zum Problembewusstsein deutscher DV-Leiter. In: WIRTSCHAFTSINFORMATIK 2/1990, 127-135


Lacity/Hirschheim haben auf der Grundlage von Befragungen (Tiefeninterviews mit 36 Managern in 13 Unternehmen, Erhebungszeitraum 1991/1992) zur Abteilungsgewalt (departmental power) folgendes festgestellt: Der IT-Abteilung wird unter fünf bewerteten Abteilungen die geringste Abteilungsgewalt zugemessen. Das Ergebnis ist konsistent mit früheren Befunden anderer Autoren. Die Erhebung erfolgte anhand von fünf Kriterien, die auf einer fünfstelligen Likert-Skala gemessen wurden.
Lacity, M. C. / Hirschheim, R.: Information Systems Outsourcing. Myths, Metaphors and Realities. Chichester et al. 1993


Riedl et al. berichten zur personellen Verankerung der IT-Funktion im Vorstand u. a. (Inhaltsanalyse, N = 679 Geschäftsberichte börsennotierter Unternehmen des Geschäftsjahrs 2005 in Deutschland, Österreich und der Schweiz): In 173 Geschäftsberichten wurde die Variable mit „ja“ kodiert; die IT ist in 25 % der Unternehmen personell auf Vorstandsebene verankert. Einheitliche Titel (z. B. CIO), Ressortbezeichnungen (z. B. Ressortleiter IT / Operations) und Aufgabenbeschreibungen (z. B. Finanzen und Informatik) werden nicht verwendet. In den 173 Geschäftsberichten wurden 88 unterschiedliche Bezeichnungen gefunden; die Bezeichnung CIO wurde nur in 13 Geschäftsberichten verwendet. Die Unternehmensgröße (gemessen am Umsatz und an der Mitarbeiterzahl) und die personelle Verankerung der IT auf Vorstandsebene zeigen einen starken positiven Zusammenhang.
Riedl, R. / Kobler, M. / Roithmayr, F.: Zur personellen Verankerung der IT-Funktion im Vorstand börsennotierter Unternehmen: Ergebnisse einer inhaltsanalytischen Betrachtung, In: WIRTSCHAFTSINFORMATIK 2/2008, 111-128

Aus der Praxis

Demonstrationsbeispiel

Es wird der Inhalt einer Stellenbeschreibung Sicherheitsbeauftragter gezeigt. Sie enthält die Kernaussagen, welche die Geschäftsleitung auf Grund der Ergebnisse einer Sicherheitsstudie formuliert hat. Die Beschreibung ist Grundlage für die Schaffung der Stelle und für die Ernennung eines Stelleninhabers. Dieser wird die Stellenbeschreibung selbst detaillieren und der Geschäftsleitung zur Genehmigung vorlegen. Er wird sie in Zukunft auch aktuell halten und jeden Veränderungsvorschlag der Geschäftsleitung vorlegen.

  • Stellenbezeichnung: Sicherheitsbeauftragter.
  • Organisatorische Einordnung: Der Sicherheitsbeauftragte ist direkt der Geschäftsleitung unterstellt; er berichtet an NA, in Abwesenheit von NA an NB. Die Geschäftsleitung gibt dem Sicherheitsbeauftragten Sicherheitsziele vor und überwacht die Einhaltung der Sicherheitsziele auf Grund der Berichterstattung des Sicherheitsbeauftragten und der Revision.
  • Stellvertretung: Der Sicherheitsbeauftragte wird in allen Sicherheitsbelangen durch NC vertreten; ist NC nicht anwesend, übernimmt ND die Aufgaben des Sicherheitsbeauftragten.
  • Aufgaben: Der Sicherheitsbeauftragte ist für die Planung, Überwachung und Steuerung der IT-Sicherheit verantwortlich. Er unterstützt die Geschäftsleitung bei der Formulierung der strategischen Sicherheitsziele, erarbeitet ein Sicherheitskonzept und die Sicherheitsmaßnahmen zur Erreichung bzw. Erhaltung dieser Ziele, empfiehlt der Geschäftsleitung die Veranlassung der Sicherheitsmaßnahmen und berichtet ihr über die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des gesamten Sicherheitssystems. Er führt das Sicherheitshandbuch und den Katastrophenplan, in denen alle Sicherheitsmaßnahmen und die Maßnahmen für den Katastrophenfall so dokumentiert sind, dass a) der Zustand der IT bezüglich Risikopotential, Maßnahmenabdeckung und Restrisiko und b) die im Katastrophenfall zu ergreifenden Maßnahmen jederzeit für alle Berechtigten aktuell erkennbar sind. Er berichtet mindestens einmal jährlich der Geschäftsleitung über bestehende Risikopotenziale; ansonsten erfolgt die Berichterstattung nur in Ausnahmesituationen. Der Sicherheitsbeauftragte ist verpflichtet, sich bezüglich aller Fragen der Sicherheit und des Schutzes der IT laufend in geeigneter Weise weiterzubilden.
  • Kompetenzen: Der Sicherheitsbeauftragte ist berechtigt, an allen Beratungen über Planungen und Maßnahmen mitzuwirken, die sich unmittelbar oder mittelbar auf die IT-Sicherheit im gesamten Unternehmen auswirken können. Welche Planungen und Maßnahmen das sind, entscheidet der Sicherheitsbeauftragte, in Zweifelsfällen die Geschäftsleitung. Alle Führungskräfte sind verpflichtet, den Sicherheitsbeauftragten zu allen einschlägigen Beratungen hinzuzuziehen und ihn anzuhören. Der Sicherheitsbeauftragte kann auch ohne ausdrückliche Aufforderung an derartigen Beratungen teilnehmen. Maßnahmen, die der Sicherheitsbeauftragte zur Herstellung oder Aufrechterhaltung der geplanten Sicherheit für erforderlich hält, werden der Geschäftsleitung unterbreitet und von dieser angeordnet. Der Sicherheitsbeauftragte hat also grundsätzlich keine Anordnungsbefugnisse.

Kontrollfragen

  1. Wodurch unterscheiden sich Stellenbilder von Berufsbildern und wie entwickeln sie die einen aus den anderen?

  2. Wie wird die Rolle des Informationsmanagers als integrierende Persönlichkeit begründet?

  3. Warum müssen Informationsmanager Koordinator und Katalysator sein?

  4. Wie sind das Aufgaben- und das Anforderungsprofil eines CIO zu formulieren, um als Stellenanzeige geeignet zu sein?

  5. Sind Informationsmanager Innovatoren und/oder Dienstleister und was spricht für oder gegen die Zuordnung beider Rollen auf eine Person?

Quellen

  • Bassellier, G. / Benbasat, I.: Business Competence of Information Technology Professionals: Conceptual Development and Influence on IT-Business Partnerships. In: MIS Quarterly 4/2004, 673-694

  • Busch, U.: Org.-DV-Leiter vs. Kommunikationsmanager – Die neue Führungsposition im Unternehmen. In: Krallmann, H. (Hrsg.): Informationsmanagement auf der Basis integrierter Bürosysteme. Berlin 1986, 41–58

  • Capgemini (Hrsg.): Der CIO – Verwalter oder Gestalter? http://www.ecin.de/strategie/rolle-cio; Abruf 19.12.2005

  • Earl, M. J.: Change isn’t optional for today’s CIO. In: FINANCIAL TIMES, Supplement „Mastering Information Management“, 15.2.1999, 2–3

  • Enns, H. G. / MacFarlin, D. B. / Huff, S. L.: How CIOs can effectively use Influence Behaviors. In: MIS Quarterly 1/2007, 29–38

  • Ganzer, K.: Schlüsselfaktor Informationsmanagement. In: F.A.Z., Beilage Technik, Computer, Kommunikation vom 27.10.1986, B19

  • Heinzl, A.: Die Rolle des CIO in der Unternehmung. In: WIRTSCHAFTSINFORMATIK 4/2001, 408–420

  • Hofmann, R.: Führungskraft und Schiedsrichter. In: Computerwoche vom 18.7.1986, 27 ipo: Stellenbild des Informationsmanagers. http://www.ipo.jku.at/index.php?menuid=103; Abruf 19.5.2008

  • KARRIERE – Markt für Führungskräfte: Aufgaben des Org.-DV-Leiters ändern sich mit der Technik. In: Beilage Handelsblatt vom 23.1.1987, K12

  • Kelm, P. / Heinzl, A.: Der Chief Information Officer im Vorstand von Unternehmen des deutschsprachigen Raumes. Working Papers in Information Systems Nr. 04/2003, Mannheim 2003

  • Köbler, F. / Fähling, J. / Krcmar, H. / Leinmeister, J. M.: IT-Governance und IT-Entscheidertypen in deutschen Krankenhäusern – Eine empirische Untersuchung unter Krankenhaus-IT-Leitern. In: WIRTSCHAFTSINFORMATIK 6/2010, 353–365

  • Litke, H. D. / Voegele, A. A.: Informationsmanagement als Führungsaufgabe, In: Fraunhofer-Gesellschaft (Hrsg.): Information als Produktionsfaktor. FhG-Bericht 1/1986, 12–16

  • Mertens, P. / Plattfaut, E.: Informationstechnik als strategische Waffe. In: Information Management 2/1986, 6–17

  • Riedl, R. / Kobler, M. / Roithmayr, F.: Zur personellen Verankerung der IT-Funktion im Vorstand börsennotierter Unternehmen. In: WIRTSCHAFTSINFORMATIK 2/2008, 111–128

  • Rockart, J. F.: The Changing Role of the Information Systems Executive. A Critical Success Factors Perspective. In: Sloan Management Review 1/1982, 3–13

  • Skubsch, H.: Der Informations-Manager – ein Manager wie jeder andere? In: Computerwoche vom 4.7.1986, 8

Vertiefungsliteratur

  • Chamoni, P.: Berufsbilder, Tätigkeitsfelder und Arbeitsmarkt für Wirtschaftsinformatiker. In: Mertens, P. et al. (Hrsg.): Studienführer Wirtschaftsinformatik. 3. A., Braunschweig/Wiesbaden 2002, 19–24

  • Dietrich, L.: Die ersten 100 Tage des CIO – Quick Wins und Weichenstellungen. In: Dietrich, L. / Schirra, W. (Hrsg.): IT im Unternehmen. Berlin et al. 2004, 45–81

  • Gaus, W.: Berufe im Informationswesen. 5. A., Berlin et al. 2002

  • Glohr, C.: Der CIO als Kostenmanager. In: Informatik Spektrum 2/2003, 134–139

  • Pawloski, S. D. / Robey, D.: Bridging User Organizations: Knowledge Brokering and the Work of Information Technology Professionals. In: MIS Quarterly 4/2004, 645–672

  • Stannat, A. / Petri, C.: Trends in der Unternehmens-IT. In: Informatik Spektrum 3/2004, 227–237

  • SwissICT – Schweizerischer Verband der Informations- und Kommunikationstechnologie (Hrsg.): Berufe der ICT – Informations- und Kommunikationstechnologien. 6. A., Zürich 2004

  • Vdf (Hrsg.): Berufe der Wirtschaftsinformatik in der Schweiz. 5. A., Zürich 2000

Informationsmaterial

  • Earl, M.: The role of the chief knowledge officer. In: FINANCIAL TIMES, Supplement „Mastering Infor­­mation Management", 8.3.1999, 7-8

  • Feraud, G.: What makes IT professionals tick? In: FINANCIAL TIMES: Supplement „Mastering Information Management", 15.2.1999, 10