Serviceebenen-Vereinbarungen (SEVER)

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Lernziele

Sie kennen den Zweck von Serviceebenen-Vereinbarungen und deren interne und externe Partner. Sie wissen, welche Inhalte diese Vereinbarungen haben und wie ihre Einhaltung durch Managementprozesse gesichert wird. Sie können die Phasen des Entwicklungsprozesses für Serviceebenen-Vereinbarungen und Managementprozesse erläutern. Sie können das Nutzenpotenzial von Serviceebenen-Vereinbarungen angeben.

Definitionen und Abkürzungen

  • Benutzerservice (service desk) = Struktureinheit, der operative Aufgaben des Störungsmanagements zugeordnet sind. Synonyme: Helpdesk, User-Help-Desk.

  • CobiT = Control Objectives for Information and Related Technology Model; Leitfaden für Governance.

  • Dienstleistung (service) = selbstständige, marktfähige Leistung, die mit der Bereitstellung und/oder Verwendung von vorhandenen Fähigkeiten verbunden ist, deren Erstellung interne und externe Faktoren mit dem Ziel kombiniert, an Menschen und/oder Objekten eine Nutzen stiftende Wirkung zu erreichen.

  • Dienstleistungsqualität (service quality) = Übereinstimmung von definierten Anforderungen für Eigenschaften und Merkmale von Dienstleistungen mit den tatsächlich realisierten Anforderungen. Synonym: Servicequalität.

  • ITIL = Information Technology Infrastructure Library; Leitfaden für Servicemanagement.

  • OLA = Operational Level Agreement.

  • Qualitätsniveau (quality level) = Ausmaß an geforderter oder vorhandener Qualität.

  • Serviceebene (service level) = Qualitätsniveau einer Dienstleistung.

  • Serviceebenenmanagement (service level management) = Führungsaufgabe, die mit der Festlegung von Serviceebenen und der Vereinbarung von Serviceebenen zwischen Dienstleistungsnehmer und Dienstleistungsgeber im Zusammenhang steht.

  • Servicegrad (service degree) = Verhältnis von tatsächlichem zum vereinbarten Ausmaß der Dienstleistungsqualität.

  • Servicekultur (service culture) = Ausmaß der Akzeptanz des Dienstleistungsgedankens und des gelebten Dienstleistungsbewusstseins im Unternehmen.

  • SLA = Service Level Agreement; Serviceebenen-Vereinbarung; Vereinbarung über vom Kunden gewünschte und vom Dienstleister zugesagte Ausprägungen von Eigenschaften einer Dienstleistung.

  • SLR = Service Level Requirement; Serviceebenen-Anforderung; vom Kunden formulierte Anforderung an eine Dienstleistung.

  • SLS = Service Level Specification; Serviceebenen-Spezifizierung; detaillierte Beschreibung einer Serviceebenen-Vereinbarung, die als Leitlinie für die Gestaltung einer Dienstleistung dient.

Zweck von SLAs
SLAs in Management­systemen
Bestandteile von SLAs
Leistungsumfang von SLAs
Strukturformen von SLAs
Kontext von SLAs
Entwickeln von SLAs
Nutzenpotenzial von SLAs

Forschungsbefunde

Nach einer Untersuchung von McKinsey & Co. messen 85 % der Unternehmen, die IT-Dienstleistungen fremd vergeben haben, die vereinbarte Zielerreichung. Nur ein kleiner Teil der Unternehmen setzt dafür allerdings qualifizierte Kennzahlen und Messmethoden ein (z. B. Benchmarks). 66 % der Unternehmen verlassen sich bei der Messung auf allgemeine und wenig aussagekräftige Indikatoren oder auf nicht quantifizierbare Erfahrungen. (Zitiert nach Bernhard et al., 71f.)
Bernhard, M. G. / Lewandowski, W. / Mann, H. (Hrsg.): Service-Level-Management in der IT – Wie man erfolgskritische Leistungen definiert und steuert. Düsseldorf 2000


Franke berichtet über Ergebnisse einer Studie der Schwetz Consulting zur Situation bezüglich Einstellung, Einführung und Erfolge mit IT-Servicemanagement (schriftliche Befragung deutscher Unternehmen, N = 67). ITIL war einem Drittel der Befragten unbekannt; ein weiteres Drittel verfügte über ITIL-konforme Prozesse. Etwa 30 % setzten bewusst keine ITIL-konformen Prozesse und keine entsprechende Software ein. Als Haupthindernis wurden der erwartete Aufwand für die Prozessdefinition und die anschließende Optimierung genannt. Zu den am häufigsten implementierten ITIL-Prozessen gehören Change Management, Security Management und Service-Desk. Auch wenn ITIL in Deutschland noch nicht weit verbreitet ist, gibt es in rd. 85 % der befragten Unternehmen Anwendungen, die gleiche oder ähnliche Funktionalität haben, denen aber in vielen Fällen die ITIL-Konformität oder eine entsprechende Zertifizierung fehlt.
Franke, S.: Servicemanagement. In: Computer Zeitung vom 13.9.2004, 10


Kemper et al. führten in Zusammenarbeit mit Detecon International eine explorative Studie durch, in der u. a. geklärt werden sollte, welche Verbesserungen sich durch die Ausrichtung der IT-Prozesse an ITIL realisieren lassen und welche Vorgehensweisen dabei den größten Erfolg versprechen (Internet-Befragung per E-Mail, N = 780 Personen, R = 24 %). Die Mehrzahl der ITIL-Implementierungen wurde als Erfolg gewertet, wobei die Erfolgsrate bei Unternehmen mit großen IT-Abteilungen deutlich höher ist. Eine messbare Steigerung der Wirtschaftlichkeit durch Neuausrichtung der IT-Prozesse ist jedoch meist nicht eingetreten. Auch Mitarbeiterzertifizierungen nach ITIL haben zu keinen signifikanten Verbesserungen geführt. Die Einbindung der Mitarbeiter sowie die Berücksichtigung der Unternehmenskultur sind ein wichtiger Erfolgsfaktor bei der Ausrichtung der IT-Abteilung an ITIL-konformen Prozessen.
Kemper, H.-G. / Hadjicharalambous, E. / Paschke J.: IT-Servicemanagement in deutschen Unternehmen – Ergebnisse einer empirischen Studie zu ITIL. In: HMD 237/2004, 22-31

Aus der Praxis

Herrmann/Müller beschreiben die Einführung von SLAs im Kontext von Business-Intelligence-Leistungen bei T-Mobile Deutschland. Diese BI-Services stellen „eine spezifische Ausprägung von IT-Services dar, die in erster Linie relevante Informationen für Entscheider bereitstellen“ (235). Bei T-Mobile Deutschland werden folgende Gruppen von BI-Services unterschieden: Unterstützung des operativen Geschäfts (z. B. Informationsbereitstellung zur Kundenrückgewinnung oder zum täglichen Personaleinsatz im Callcenter), Unterstützung geschäftskritischer Berichtsprozesse (z. B. Informationen zum Monats-, Quartals- oder Jahresabschluss), Standardinformationen für nicht unternehmenskritische taktische oder operative Aufgaben für eine große Nutzerzahl (z. B. Informationen zur Entwicklung der Neukundengewinnung und zum Verkauf neuer Produkte), Individualauswertungen mit geringer Nutzerzahl (z. B. Ad-hoc-Berichte in Form von Sonderauswertungen zu Einzelprodukten oder Bereitstellung bestimmter „Rohinformationen“ für das Database-Marketing). Da die BI-Services sehr unterschiedlich sind, werden verschiedene SLAs benötigt, um die vielfältigen Anforderungen angemessen abbilden zu können. Die vereinbarten SLAs charakterisieren BI-Services anhand des Einsatzzwecks, der unterstützten Nutzungsprozesse, der inhaltlich notwendigen Themenbereiche sowie der Kritikalität. Qualitätsparameter legen fest, welches Qualitätsniveau die Bestandteile von BI-Services erfüllen müssen. Bei T-Mobile Deutschland haben sich die folgenden „aus Kundensicht wichtigsten und praxistauglichsten Qualitätseigenschaften herauskristallisiert“ (240): Aktualität eines Informationsobjekts beschreibt, welchen Aktualitätsstand die zuletzt dem Objekt hinzugefügten Informationen haben. Vollständigkeit bezeichnet den fachlichen Umfang der Informationen in einem Objekt. Korrektheit beschreibt die fachliche Richtigkeit von Informationen. Leistungsverhalten kennzeichnet die Geschwindigkeit der Rückmeldung an die Nutzer und ist nur für interaktive Analysemöglichkeiten relevant.

Aufgabenverweise

Kontrollfragen

  1. Warum sollte ein IT-Dienstleister SLAs mit seinen Kunden vereinbaren?

  2. Aus welchen Inhalten bestehen SLAs und welche Kennzahlen beschreiben typische Inhalte von SLAs?

  3. Welches sind wesentliche Phasen der Entwicklung von SLAs?

  4. In welchem Zusammenhang stehen SLRs, SLAs und OLAs?

  5. Warum sind SLAs für Outsourcing-Nehmer beim Cloud-Computing von besonderer Bedeutung?

  6. Welcher Zweck wird mit SLAs verfolgt?

  7. Aus welchen Elementen bestehen SLAs?

  8. Welche Kennzahlen beschreiben typische Inhalte von SLAs?

  9. Welches sind wesentliche Phasen der Entwicklung von SLAs?

  10. In welchem Zusammenhang stehen SLRs, SLAs und OLAs?

Quellen

  • Berger, T. G.: Service-Level-Agreements: Konzeption und Management von Service-Level-Agreements für IT-Dienstleistungen. Saarbrücken 2007

  • Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) : IT-Grundschutz-Kataloge 2008. Abruf: 27.06.2011

  • Grütter, R. / Schwabe, G. / Aschoff, F.-R.: Qualität von IT-Leistungen aus den Perspektiven von Anbietern und Nachfragern. Ergebnisse einer Umfrage in der Schweiz. In: Oberweis, A. et al. (Hrsg.): eOrganisation: Service-, Prozess-, Market-Engineering. 8. Internationale Tagung Wirtschaftsinformatik Karlsruhe, 28. Februar - 2. März 2007. Bd. 1. Karlsruhe 2007, 365-382

  • Heinrich, L. J. / Riedl. R.: Phasenmodell zur Entwicklung von Serviceebenen-Vereinbarungen. In: HMD - Praxis der Wirtschaftsinformatik 231/2003, 88-96

  • Herrmann, C. / Müller, S.-A.: Business Intelligence Services bei T-Mobile Deutschland: Service Level Agreements und servicebezogenes Datenqualitätsmanagement zur kundengerechten Leistungserbringung. In: Dinter, B. et al. (Hrsg.): DW2008. Synergien durch Integration und Informationslogistik. 27./28.10.2008 in St. Gallen, Switzerland. Lecture Notes in Informatics (LNI) - Proceedings. Bonn 2008, 229-248

  • IT Governance Institute (Hrsg.): COBIT 4.1: Framework, Control Objectives, Management Guidelines, Maturity Models. Rolling Meadows 2007. Abruf: 15.11.2008

  • Rudd, C. / Lloyd, V.: Service Design (ITIL), Version 3. London 2007

Vertiefungsliteratur

  • Bernhard, M. G. et al. (Hrsg.): Praxishandbuch Service-Level-Management: Die IT als Dienstleistung organisieren. 2. A., Düsseldorf 2006

  • Eicker, S. / Heimann, E. / Bucksteeg, M.: Kostenabhängigkeitsbetrachtung für Service Levels von Managed Desktop Services am Beispiel der Verfügbarkeit. In: Bichler, M. et al. (Hrsg.): Multikonferenz Wirtschaftsinformatik 2008. Berlin 2008, 951-962

  • Kronz, A. / La Greca, C. / Kaffai, B.: Prozessorientiertes Service Level Management. In: Lehner, F. / Nösekabel, H. / Kleinschmidt, P. (Hrsg.): Multikonferenz Wirtschaftsinformatik 2006. Tagungsband 1. Berlin 2006, 35-46

  • Patel, P. / Ranabahu, A. / Sheth, A.: Service Level Agreement in Cloud Computing. In: Proceedings of the Workshop on Best Practices in Cloud Computing: Implementation and Operational Implications for the Cloud at ACM International Conference on Object-Oriented Programming, Systems, Languages, and Applications, Orlando, 2009. New York 2009, o. S.

Informationsmaterial

Normen

  • EN ISO 9000:2005. Qualitätsmanagementsysteme - Grundlagen und Begriffe

  • EN ISO 9001:2000. Qualitätsmanagementsysteme - Anforderungen

  • ISO/IEC 20000-1:2005. Information Technology - Service Management - Part 1: Specification

  • ISO/IEC 20000-2:2005. Information Technology - Service Management - Part 2: Code of Practice

  • Abbildungsarchiv: Serviceebenen-Vereinbarungen (SEVER)