Lernziele
Sie wissen, welche Ziele mit Outsourcing verfolgt werden. Sie kennen verschiedene Formen des Outsourcings und wissen, welche Aufgaben des IT-Bereichs in der Regel nicht ausgelagert oder ausgegliedert werden sollten. Sie können erklären, welche Voraussetzungen Outsourcing-Nehmer erfüllen müssen, um erfolgreiches Outsourcing betreiben zu können. Sie kennen ASP und SaaS als Spezialformen des Outsourcings.
Definitionen und Abkürzungen
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ASP = Application Service Provider oder Application Service Providing.
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Ausgliederung (outsourcing, spin-off) = Übertragung von Aufgaben an ein mit dem Outsourcing-Nehmer rechtlich verbundenes Unternehmen.
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Auslagerung (outsourcing) = Übertragung von Aufgaben an ein vom Outsourcing-Nehmer rechtlich unabhängiges Unternehmen.
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Backsourcing = Übertragung von vorher durch einen Outsourcing-Geber erbrachten Leistungen an einen internen Dienstleister (z. B. die interne IT-Abteilung).
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CIO = Chief Information Officer.
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Insourcing = Bezug von Leistungen von einem unternehmensinternen Anbieter, der sich in einem von Marktmechanismen geprägten Auswahlverfahren gegen externe Anbieter durchsetzen konnte.
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Outsourcing = Kontraktion der Wörter out[side] und [re]sourcing bzw. out[side] [re]sourc[e us]ing; Erfüllung von IT-Aufgaben durch Unternehmensexterne; zusammenfassende Bezeichnung für Auslagerung und Ausgliederung.
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Outsourcing-Geber (outsourcing provider) = Unternehmen, dem IT-Aufgaben übertragen werden. Synonyme: Outsourcing-Anbieter, Outsourcing-Dienstleister.
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Outsourcing-Grad (degree of outsourcing) = Maß für den Umfang des Outsourcings. Synonym: Outsourcing-Reichweite.
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Outsourcing-Nehmer (outsourcing client) = Unternehmen, das einem anderen Unternehmen IT-Aufgaben überträgt. Synonym: Outsourcing-Kunde.
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Outtasking = Auslagerung einzelner IT-Aufgaben. Synonym: Selektives Outsourcing.
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SaaS = Software-as-a-Service; Software als Dienstleistung.
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Software-on-Demand = Spezialform des Outsourcings, bei der ein Dienstleister Kunden die Nutzung von Software über ein Netzwerk gegen Entgelt ermöglicht. Synonyme: ASP, Software-Miete, Software-Outsourcing.
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SLA = Service Level Agreement; Serviceebenen-Vereinbarung.
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Sourcing = Beschaffung von Produkten oder Dienstleistungen von unternehmensinternen oder -externen Anbietern.
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Transaktionskosten (transaction costs) = Informations- und Kommunikationskosten für Anbahnung, Vereinbarung, Abwicklung, Steuerung, Kontrolle und Anpassung der Leistungserstellung.
Zweck des Outsourcings
Reichweite des Outsourcings
Verbleibende Aufgaben
Standort des Outsourcing-Gebers
Rechtliche Gestaltung
Organisatorische Gestaltung
Entscheidungsunterstützung
ASP, SaaS und Cloud Computing
Forschungsbefunde
Dibbern/Winkler/Heinzl analysierten mit Hilfe von Fallstudien in einem großen deutschen Finanzdienstleistungsunternehmen sechs nach Indien ausgelagerte Softwareprojekte (27 semi-strukturierte Interviews mit Projektleitern, Projektmitarbeitern sowohl beim Outsourcing-Geber als auch –Nehmer sowie Mitarbeitern der betroffenen Fachabteilungen, Untersuchungszeitraum nicht angegeben). Es wurde untersucht, mit welchen zusätzlichen, d. h. über den vertraglich vereinbarten Preis hinausgehenden Kosten ein Unternehmen, das Softwareprojekte ins Ausland verlagert, rechnen muss und wie sich diese zusätzlichen Kosten zwischen verschiedenen ausgelagerten Softwareprojekten unterscheiden. Folgende Erkenntnisse wurden gewonnen: Zusätzliche Kosten entstehen insbesondere für die Spezifizierung von Anforderungen und den Softwareentwurf, für Wissenstransfer, Kontrolle der Leistungen des Outsourcing-Gebers sowie für die Koordination zwischen Outsourcing-Geber und –Nehmer. In Projekten, die umfangreiches Wissen über spezifische Geschäftsprozesse des Kunden erfordern, sind die zusätzlichen Kosten deutlich höher als in Projekten, in denen eher allgemeines Wissen benötigt wird. Erfahrungen des Outsourcing-Gebers mit vergleichbaren Projekten sind geeignet, die zusätzlich entstehenden Kosten zu senken. Große kulturelle Unterschiede und geografische Distanz zwischen Anbieter und Kunde sowie hohe Mitarbeiterfluktuation beim Outsourcing-Geber erhöhen die zusätzlichen Kosten für das auslagernde Unternehmen weiter.
Dibbern, J. / Winkler, J. / Heinzl, A.: Explaining Variations in Client Extra Costs between Software Projects Offshored to India. In: MIS Quarterly 2/2008, 333–366
Lacity/Hirschheim nennen folgende Gründe, die für das Auslösen einer Outsourcing-Entscheidungvon Bedeutung waren (Stichprobenanalyse, N = 36, Tiefeninterviews in 13 Unternehmen, Erhebungszeitraum 1991/1992): Verfolgen des Wirtschaftlichkeitsprinzips; Unterstützen der Forderung nach zusätzlichen Ressourcen (Personal, Betriebsmittel, Budget); Reagieren positive Berichte über Outsourcing in anderen Unternehmen; Reduzieren der Ungewissheit; Eliminieren einer Funktion, die häufig zu Problemen Anlass gibt; Verbessern der Glaubwürdigkeit. Insgesamt wird festgestellt, dass die in Presseberichten häufig unterstellten Gründe, dass Outsourcing-Entscheidungen rational gefällt werden und sich an ökonomischen Zielen (insbesondere Kostenwirtschaftlichkeit) orientieren, zur Erklärung des Phänomens nicht ausreichen.
Lacity, M. C. / Hirschheim, R.: Information Systems Outsourcing. Myths, Metaphors and Realities. Chichester et al. 1993
Horchler nennt auf Grund einer empirischen Untersuchung (schriftliche Befragung, N = 50, Erhebungszeitraum 10/1993 bis 2/1994) u. a. folgende Outsourcing-Motive: Alle Outsourcer wollen langfristig die IT-Kosten reduzieren. 79 % der Befragten wollen durch Outsourcing neue Anwendungen schneller realisieren, 21 % wollen eine Migration schneller durchführen. Darüber hinaus wollen 22 % der Outsourcer Probleme mit Mitarbeitern dauerhaft lösen.
Horchler, H.: Outsourcing. Eine Analyse der Nutzung und ein Handbuch der Umsetzung. Köln 1996
Lacity/Hirschheim ermittelten folgende Gründe, die für das Auslösen einer Outsourcing-Entscheidung von Bedeutung waren (schriftliche Befragung, N = 36, Tiefeninterviews in dreizehn Unternehmen, Erhebungszeitraum 1991/1992): Verfolgen des Wirtschaftlichkeitsprinzips; Unterstützung der Forderung nach zusätzlichen Ressourcen (Personal, Betriebsmittel, Budget); Reagieren auf positive Berichte über Outsourcing in anderen Unternehmen; Reduzieren von Ungewissheit; Eliminieren einer Funktion, die häufig zu Problemen Anlass gibt; Verbessern der Glaubwürdigkeit. Zusammenfassend wird festgestellt, dass die in Publikationen häufig unterstellten Gründe, dass Outsourcing-Entscheidungen rational gefällt werden und sich an ökonomischen Zielen (insbesondere Kostenwirtschaftlichkeit) orientieren, zur Erklärung nicht ausreichen.
Lacity, M. C. / Hirschheim, R.: Information Systems Outsourcing. Myths, Metaphers and Realities. Chichester et al. 1993
Dibbern et al. entwickeln ein multitheoretisches Modell zur Erklärung von Outsourcing-Entscheidungen und formulieren folgende Propositionen (Behauptungen), die sie als Ausgangsbasis für empirische Untersuchungen der Determinanten von Outsourcing-Entscheidungen empfehlen:
Proposition 1: Je höher der Grad der „asset specifity“ einer Teilfunktion der Unternehmung einzustufen ist, desto weniger wird diese ausgelagert.
Proposition 2: Je höher der Grad der Unsicherheit in Bezug auf eine Teilfunktion der Unternehmung ausfällt, desto weniger wird diese ausgelagert.
Proposition 3a: Je spezifischer die Ressourcen und Fähigkeiten innerhalb einer Teilfunktion der Unternehmung sind, desto höher ist ihre strategische Bedeutung einzustufen.
Proposition 3b: Je höher die strategische Bedeutung der Ressourcen und Fähigkeiten einer Teilfunktion der Unternehmung ausfällt, desto weniger wird diese ausgelagert.
Proposition 4: Je größer die Defizite in unternehmenseigenen Ressourcen und Fähigkeiten bezüglich einer Teilfunktion der Unternehmung ausfallen, desto eher wird diese ausgelagert.
Proposition 5: Je größer die relative Macht eines Funktionsbereichs innerhalb der Unternehmung einzustufen ist, desto weniger wird dieser ausgelagert.
Dibbern, J. / Güttler, W. / Heinzl, A.: Die Theorie der Unternehmung als Erklärungsansatz für das selektive Outsourcing der Informationsverarbeitung – Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens. "In: Zeitschrift für Betriebswirtschaft 6/2001, 675-700
Wilcocks/Lacity formulieren fünf Fähigkeiten von Unternehmen, um Outsourcing als strategischen Vorteil nutzen zu können:
- Business responsibility, and the ability to identify business models and value-drivers that will make innovation possible and create business advantage.
- The ability to make sourcing decisions and arive at a long-term IT-sourcing strategy; this must build in learning and take into account business, technical and economic factors.
- The ability to understand the IT services marketplace and supplier´s strategies and capabilities.
- The ability to contract over time in ways that provide incentives for the supplier(s) and ensure that you get what you think you agreed to.
- The ability to manage the contract in ways that secure long-term IT objectives, and achieve the required service performance from the supplier.
Wilcocks, L. P. / Lacity, M. C.: Strategic dimensions of IT outsourcing. FINANCIAL TIMES vom 20.3.1999, 6-8 (Beilage Mastering Information Management)
Aus der Praxis
Gadatsch/Mayer (49) berichten über einen Dienstleistungskonzern mit weltweit mehr als 100.000 Mitarbeitern, der sämtliche operativen IT-Aufgaben an externe Dienstleister übertragen hat. Die im Unternehmen verbliebene IT-Abteilung wird von einem CIO geleitet und besteht aus den drei Bereichen IT-Strategie und Planung, IT-Projekte und IT-Systeme. Der Bereich IT-Strategie und Planung übernimmt die strategische Anwendungsplanung, Projektbewertungen und das Projektportfoliomanagement und hat die Verantwortung für die Budgetierung und das IT-Controlling. Der Bereich IT-Projekte verantwortet das Multiprojektmanagement, wirkt im Management der von externen Dienstleistern durchgeführten Projekte mit, leistet für diese Projekte Beratung und Unterstützung und steuert die fachliche Abnahme von Projektergebnissen. Der Bereich IT-Systeme ist zuständig für Management und Controlling der IT-Dienstleister, Vertragsmanagement, Planung, Steuerung und Kontrolle von Betrieb, Wartung und Support für Informationssysteme sowie das Rollout-Management, d. h. den systematischen Übergang von bestehenden auf neue Informationssysteme bzw. deren Komponenten.
Gadatsch, A. / Mayer, E.: IT-Controlling Grundlagen und strategischer Stellenwert - Kosten- und Leistungsrechnung in der Praxis - Mit Deckungsbeitrags- und Prozesskostenrechnung. 2. A., Wiesbaden 2005
Buchta/Eul/Schulte-Croonenberg berichten auf der Grundlage von Erfahrungen des Beratungsunternehmens A. T. Kearney, dass sich durch Konsolidierung des Lieferantenportfolios, Bündelung der unternehmensinternen Nachfrage nach externen Leistungen sowie Neuverhandlung von Verträgen folgende Einsparpotenziale realisieren lassen: Desktopmanagement und Rechenzentrumsbetrieb (15-40 %); PC, Laptops, Drucker (12-40 %); Softwareentwicklung (bis zu 30 %); Outsourcing-Verträge (15-25 %); IT-Consulting und Softwareentwicklung (8-22 %); Entwicklungs- und Systemsoftware (12-20 %) sowie Arbeitsplatzsoftware (10-16 %).
Buchta, D. / Eul, M. / Schulte-Croonenberg, H.: Strategisches IT-Management. Wiesbaden 2004
Viele ausgegliederte IT-Bereiche deutscher Unternehmen haben die Erwartungen im Hinblick auf die Akquisition neuer Kunden nicht erfüllt. Schätzungen zufolge sind nur ca. 10 % der ausgegliederten IT-Töchter bei der Akquisition von Fremdaufträgen erfolgreich. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, erzielen die meisten IT-Dienstleister den größten Teil ihres Umsatzes mit Unternehmen des Mutterkonzerns.
(Wirtschaftswoche vom 11. September 2003, 48-51)
Methodenverweise
Kontrollfragen
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Welche Ziele werden mit Outsourcing und welche werden mit Backsourcing verfolgt?
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Welche Kriterien muss eine IT-Aufgabe erfüllen, um für eine Auslagerung geeignet zu sein?
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Welche IT-Aufgaben werden in der Regel nicht auf externe Dienstleister übertragen?
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Welche Voraussetzungen muss ein Outsoucing-Nehmer erfüllen, um Outsourcing erfolgreich betreiben zu können?
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Worin besteht der Unterschied zwischen Outsourcing, SaaS und Cloud Computing?
Quellen
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Amberg, M. et al.: Compliance im IT-Outsourcing. Theoretische und empirische Ermittlung von Einfluss nehmenden Compliance-Faktoren. Erlangen-Nürnberg 2009
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Bhagwatwar, A. / Hackney, R. / Desouza, K. C.: Considerations for Information Systems 'Backsourcing': A Framework for Knowledge Re-integration. In: Information Systems Management 2/2011, 165–173
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Messerschmidt, M. / Schülein, P. / Murnleitner, M.: Der Wertbeitrag der IT zum Unternehmenserfolg. Stuttgart 2008
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von Jouanne-Diedrich, H.: 15 Jahre Outsourcing-Forschung: Systematisierung und Lessons Learned. In: Zarnekow, R. / Brenner, W. / Grohmann, H. H. (Hrsg.): Informationsmanagement. Konzepte und Strategien für die Praxis. Heidelberg 2004, 125–133
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Weinhardt, C. et al.: Cloud-Computing – Eine Abgrenzung, Geschäftsmodelle und Forschungsgebiete. In: WIRTSCHAFTSINFORMATIK 5/2009, 453–462
Vertiefungsliteratur
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Hirschheim, R. / Heinzl, A. / Dibbern, J.: Information Systems Outsourcing. Enduring Themes, New Perspectives and Global Challenges. 2. A., Berlin et al. 2006
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Wintergerst, A. / Welker, M.: Die Rolle der Transaktionskosten bei Outsourcingentscheidungen. In: ZfbF - Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 11/2007, 938–954
Informationsmaterial
Links
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Abbildungsarchiv: Outsourcing (OUTSO)