Erfolgsfaktorenanalyse (ERFAN)

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Lernziele

Sie kennen den Zweck der Erfolgsfaktorenanalyse und die Vorgehensweise bei ihrer Anwendung. Sie können ihre Bedeutung für die strategische IT-Planung erklären. Sie sind in der Lage, die für eine strategische Situationsanalyse relevanten Erfolgsfaktoren zu identifizieren und zu beschreiben. Sie wissen, wie der IT-Erfolg gemessen wird und wie er gezielt verbessert werden kann. Sie kennen die Weiterentwicklung der Erfolgsfaktorenanalyse zur Schlüsselfaktorenanalyse und können ihre Zweckmäßigkeit beurteilen.

Definitionen und Abkürzungen

  • Besichtigungsanalyse (inspection analysis) = Form der Istzustandserfassung, deren Zweck durch bloßes Besichtigen erreicht werden kann; Ergebnisse werden meist zur Vorbereitung einer tiefer gehenden Analyse verwendet.

  • Erfolgsfaktor (success factor) = Eigenschaft der IT, deren positive Ausprägung zur Schaffung und Sicherung von Unternehmenserfolg beiträgt.

  • Fragebogenmethode (questionnaire technique) = schriftliche Form der Befragung mit einer geordneten Menge von offenen und/oder geschlossenen Fragen.

  • Interdependenzanalyse (interdependence analysis) = Untersuchung der Beziehungen zwischen zwei Objektmengen, um deren gegenseitige Beeinflussung festzustellen.

  • kritischer Erfolgsfaktor (critical success factor) = Erfolgsfaktor, von dessen Ausprägung der Unternehmenserfolg entscheidend abhängt.

  • Leistung (performance) = von den Befragten geschätzter Beitrag eines Erfolgsfaktors zum Unternehmenserfolg.

  • Leistungsdifferenz (performance gap) = Unterschied zwischen Priorität und Leistung je Erfolgsfaktor.

  • Priorität (priority) = von den Befragten subjektiv eingeschätzte Wichtigkeit eines Erfolgsfaktors bezüglich seines Beitrags zum Unternehmenserfolg.

  • Schlüsselbereich (key domain) = nach den Eigenschaften Service, Kommunikation, Personal und Positionierung geordnete Menge von Erfolgsfaktoren.

  • Schlüsselfaktor (key factor) = Kombination Erfolgsfaktor/Wettbewerbsfaktor, die für den Beitrag der IT zum Unternehmenserfolg von besonderer Bedeutung ist.

  • SERVQUAL = Service Quality; Ansatz zur multiattributiven Messung der Qualität von Dienstleistungen.

  • Stichprobe (sample) = nach einem Auswahlverfahren (z. B. dem der Zufälligkeit) festgelegter Teil der Grundgesamtheit, von dem gefordert wird, dass er repräsentativ ist.

  • Totalerhebung (total survey) = Form der Querschnittsanalyse, bei der Merkmale aller Untersuchungseinheiten einer statistischen Grundgesamtheit erfasst werden.

  • Wettbewerbsfaktor (competitive factor) = den Wettbewerb kennzeichnende Eigenschaft des Marktes, in dem ein Unternehmen tätig ist (z. B. Lieferzeit, Qualität, Preis).

Zweck der Erfolgsfaktorenanalyse
Erfolgsfaktoren
Erhebungstechnik und Messmethoden
Vorgehensweise bei der Erfolgsfaktorenanalyse
Beurteilung der Erfolgsfaktorenanalyse
Weiterentwicklung der Erfolgsfaktorenanalyse

Forschungsbefunde

Kang/Bradley berichten über die Messung des IT-Erfolgs der von der IT-Abteilung angebotenen Dienstleistungen (performance measurement of IT department) in einer Fallstudie mit einem von ihnen modifizierten SERVQUAL-Ansatz, bei dem zwei „IT service dimension factors“ (entsprechen den Schlüsselbereichen der Erfolgsfaktorenanalyse), und zwar personal attributes und service attributes, verwendet werden (im Unterschied zu vier Faktoren bei SERVQUAL). Trotz mancher Einschränkungen kommen die Autoren zu dem Schluss, dass dieser Ansatz gut geeignet ist, um die Qualität von internen IT-Dienstleistungen zu messen.

Kagan, H. / Bradley, G.: Measuring the Performance of Internal Services: Is SERVQUAL the Answer? In: Neely, Aufl.. (ed.): Performance Measurement 2000. Proc. of the 2. Int. Conf. on Performance Measurement, University of Cambridge, 19.-21. July 2000, 283-290


Heinrich/Pomberger berichten über Befunde der wissenschaftlichen Begleitbeobachtung von Projekten, in denen die Erfolgsfaktorenanalyse verwendet wurde, u. a. (sieben Fallstudien mit Aktionsforschung, Untersuchungszeitraum 1998-2002):

  • Anzahl der Erfolgsfaktoren: Das Maximum ergibt sich aus der verwendeten Nummerie-rung von A bis Z. Werden mehr als 26 Erfolgsfaktoren identifiziert, sind Zusammenfassungen erforderlich, die • problemloser realisierbar sind als Weglassungen. Andererseits sollte das Maximum ausgeschöpft werden, um den Informationsgehalt der Messergebnisse zu maximieren und ihre Zuverlässigkeit bezüglich des Gesamterfolgs zu erhöhen; dies ist durch Zerlegung meist möglich. Auf den Zeitaufwand und die Durchführungskosten hat die Anzahl der verwendeten Erfolgsfaktoren kaum einen Einfluss.
  • Beurteilbarkeit: Diese wird mit der Anzahl der missing items, die mit etwa 2 % vernachlässigbar klein ist, gemessen. Die Teilnehmer sind ausdrücklich angehalten, eine Beurteilung nicht vorzunehmen, wenn die Erklärung eines Erfolgsfaktors nicht verständlich ist oder wenn sie sich als Beurteiler überfordert fühlen. Ob dieser Aufforderung nachgekommen wird, lässt sich nicht kontrollieren.
  • Messgenauigkeit: Ein quantitatives Maß dafür steht nicht zur Verfügung, so dass sich Aussagen dazu an der Zufriedenheit der Auftraggeber und der Teilnehmer an den Befragungen orientieren. Die hohe Zufriedenheit der Auftraggeber wird aus der Tatsache abgeleitet, dass die Empfehlungen zur strategischen Maßnahmenplanung zum Großteil akzeptiert und umgesetzt wurden. Die hohe Zufriedenheit der Teilnehmer (insbesondere die der Benutzer) wird aus deren Zustimmung zu den präsentierten Messergebnissen abgeleitet.
  • Durchführungskosten: Die Kosten für die externen Projektbegleiter ergeben sich aus dem Zeitaufwand, bewertet mit einem Honorarsatz. Die internen Kosten ergeben sich aus dem Zeitaufwand für die Arbeitsgruppe und die Teilnehmer an der Befragung, bewertet zu Opportunitätskosten. Die Kosten für die Durchführung einer Erfolgsfaktorenanalyse betragen – je nach Größe der Arbeitsgruppe und der Anzahl Teilnehmer – zwischen € 22.000 und € 37.000.
  • Durchführungszeitraum: Dieser wird als Differenz zwischen dem Tag, an dem die Identifizierung der Erfolgsfaktoren beginnt, und dem Tag, an dem die Ergebnisse der Erfolgsfaktorenanalyse präsentiert werden, gemessen. Das Minimum beträgt etwa vier Arbeitswochen; es wird wegen der erforderlichen Terminabstimmung zwischen den beteiligten Stakeholders und den externen Projektbegleitern nur selten erreicht. Ein Zeitraum von acht Arbeitswochen ist realistisch; dieser sollte nicht wesentlich überschritten werden.

Heinrich, L. J. / Pomberger, G.: Erfolgsfaktorenanalyse – Instrument für das strategische IT-Controlling. In: HMD 217/2001, 19-28


Demonstrationsbeispiel

Die Erfolgsfaktorenanalyse wird mit der Schlüsselfaktorenanalyse so erweitert, dass eine explizite Beziehung zwischen Eigenschaften der IT (als Erfolgsfaktoren) und Eigenschaften des Marktes (als Wettbewerbsfaktoren) hergestellt wird. Schlüsselfaktoren entstehen durch Kombination von Erfolgsfaktoren mit Wettbewerbsfaktoren. Zur übersichtlichen Darstellung dieser Kombinationen wird eine Matrix verwendet, in deren Zeilen (oder Spalten) die Erfolgsfaktoren A bis maximal Z gemäß Erfolgsfaktorenanalyse und in deren Spalten (oder Zeilen) die Wettbewerbsfaktoren 1 bis n stehen, letztere z. B. als Ergebnis der Wettbewerbsanalyse im Rahmen der strategischen Situationsanalyse, oder sie sind als Ergebnis der strategischen Unternehmensplanung bekannt. Jede Kombination Erfolgsfaktor/Wettbewerbsfaktor wird daraufhin geprüft, ob sie für den Beitrag der IT zum Unternehmenserfolg (Wertbeitrag der IT) von besonderer Bedeutung ist. Wenn ja, ist sie Schlüsselfaktor. Das Vorgehen bei der Schlüsselfaktorenanalyse entspricht ansonsten dem bei der Erfolgsfaktorenanalyse.

Bei einer Anwendung der Schlüsselfaktorenanalyse lagen 26 Erfolgsfaktoren und acht Wettbewerbsfaktorenvor, das sind 208 Kombinationen. Davon wurden 45 als Schlüsselfaktoren identifiziert. Die Abbildung zeigt die Leistungsdifferenzen, also den Unterschied zwischen Priorität und Leistung je Schlüsselfaktor. Sie könnenanalog interpretiert werden wie die Leistungsdifferenzen der Erfolgsfaktoren. Priorität und Leistung wurden durch das Top-Management aus Sicht des Gesamtunternehmens und durch das IT-Management aus Sicht des IT-Bereichs beurteilt.

ERFAN_Leistungsdifferenzen_der_Schlsselfaktoren

Abb.: Leistungsdifferenzen der Schlüsselfaktoren

Quelle

Heinrich, L. J.: Informationsmanagement – Planung, Überwachung und Steuerung der Informationsinfrastruktur. 7. A., München/Wien 2002, 392f.

Aufgabenverweise

Fallstudienverweis

Kontrollfragen

  1. Welcher Zweck wird mit der Anwendung der Erfolgsfaktorenanalyse verfolgt?

  2. Mit welchen Arbeitsschritten wird bei der Erfolgsfaktorenanalyse vorgegangen?

  3. Welche Fragen umfasst der Fragebogen für die Datenerhebung?

  4. Warum wird der IT-Erfolg sowohl aus Einzelurteilen berechnet als auch durch Befragung direkt erfasst?

  5. Wodurch unterscheiden sich Erfolgsfaktorenanalyse und Schlüsselfaktorenanalyse?

Quellen

  • Alloway, R. M.: Strategic Planning for Data Processing. Seminarunterlage des M.I.T. Industrial Liasion Program, Cambridge/Mass. 1985

  • Bayer, B.: Kann man Benutzerzufriedenheit messen? Erfahrungen bei der An­wen­dung der Erfolgsfaktorenanalyse. In: Information Management 3/1987, 6-11

  • Heinrich, L. J. / Pomberger, G.: Erfolgsfaktorenanalyse - Instrument für das strategische IT-Controlling. In: HMD - Praxis der Wirtschaftsinformatik 217/2001, 19-28

  • Heinrich, L. J.: Informationsmanagement – Planung, Überwachung und Steuerung der Informationsinfrastruktur. 7. A., München/Wien 2002, 392f.

  • Kang, H. / Bradley, G.: Measuring the Performance of Internal Services: Is SERVQUAL the Answer? In: Neely, A. (Ed.): Performance Measurement 2000. Proc. of the 2. Int. Conf. on Performance Measurement, University of Cambridge, 19.-21. July 2000, 283-290

  • Rockart, J. F.: The Changing Role of the Information Systems Executive. A Critical Success Factors Perspective. In: Sloan Management Review 1/1982, 3-13

Vertiefungsliteratur

  • Heinrich, L. J. / Häntschel, I.: Messen der Benutzerzufriedenheit - Instrument und Anwendungserfahrungen. In: Schweiggert, F. / Stickel, E. (Hrsg.): Informationstechnik und Organisation. Stuttgart 1995, 39-54

  • Heinrich, L. J. / Häntschel, I.: Messen des Erfolgs des Benutzer-Service. In: HMD - Theorie und Praxis der Wirtschaftsinformatik 189/1996, 75-97

  • Heinrich, L. J. / Häntschel, I. / Pomberger, G.: Information Systems Diagnosis. In: Zupancic, J. (Ed.): Evolution and Challenges in System Development. New York et al. 1999, 187-197

  • Abbildungsarchiv: Erfolgsfaktorenanalyse (ERFAN)