Fallstudie: FSEMA - Fallstudie Servicemanagement

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Ausgangssituation

Das Material dieser Fallstudie stammt aus dem Projekt Erfolgsmessung Benutzer­service, das 1995 in einem Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie durch­geführt wurde. Zunächst wurde ein Modell des Aufgabensystems Benutzerservice entwickelt. Von diesem ausgehend wurden dessen Eigenschaften herausgearbeitet, mit denen der Erfolg unter Verwendung der Erfolgsfaktoren­analyse gemessen werden kann. Untersuchungsmethodisch handelt es sich um eine Forschungs­fallstudie, deren Ergebnis ein Messmodell ist; seine Erprobung und Verwendung war nicht Gegenstand des Projektauftrags. Die Arbeits­gruppe bestand aus fünf Personen, davon zwei auf Seiten des Auftragsnehmers, die drei auf Seiten des Auftraggebers waren Mitarbeiter der Stelle Benutzerservice der IT-Abteilung, einer davon deren Leiter.

Aufgabensystem Benutzerservice

Zweck des Benutzerservice im Sinne von Sachziel ist es, Dienstleistungen für Benutzer zur Verfügung zu stellen, welche die aufgaben­adäquate Nutzung von Informationssystemen ermög­lichen, einschließlich der von ihnen verwende­ten Technologien. Dabei wird von der Vor­aus­setzung ausgegangen, dass der Benutzerservice auf Grundlage vor­hande­ner Betriebsmittel agiert und diese nicht wesentlich verändert. Die vom Benut­zerservice verfolgten Formalziele lassen sich im Sinn des strategischen Con­trol­lings zu den Zielen Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit aggregieren (vgl. Lern­einheit CONTR). Die aufgabenadäquate Nutzung soll bei einer geplanten Wirk­samkeit so wirtschaftlich wie möglich bzw. bei einer geplan­ten Wirt­schaft­lichkeit so wirksam wie möglich erfolgen.

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Abb. FSEMA-1: Aufgabensystem Benutzerservice

Aus dem Zweck des Benutzerservice werden dessen Aufgaben abgeleitet. Eine sys­tematische Top-down-Zerlegung ergibt die Aufgaben Pro­blem­management, Bera­tungsmanagement, Schulungsmanagement und Ressour­cen­management; In­stal­lations- und Wartungsmanagement bleiben als nicht zum Zweck des Benut­zer­service gehörend unberücksichtigt; sie sind Aufgabe des Produktions­mana­gements (vgl. Lerneinheit PRODM). Abbildung FSEMA-1 veranschaulicht die Auf­gaben des Benutzerservice und die zwi­schen ihnen bestehenden Beziehungen. Erkenn­bar ist die zentrale Positionierung des Problemmanagements (vgl. Lerneinheit PROBM) über das Art und Umfang des Bera­tungs-, Schulungs- und Ressour­cen­managements gesteu­ert wer­den. Diese Aufgaben werden nachfolgend erläutert.

Problemmanagement: Die Benutzer sind mangels eigener Problemlösungs­kapa­zität nicht in der Lage, eine als Problemempfundene Hand­lungssituation selb­ständig zu bearbeiten; sie sind auf Unterstützung an­ge­wiesen. Problemmana­gement ist daher die Auf­gabe des Benutzerservice, mit der Unter­stützung beim Umgang mit Problemen ange­bo­ten wird. Letztlich soll er­reicht werden, dass sich gleiche Probleme nicht wieder­holen. Problem­ma­na­ge­ment wird in folgende Teilaufgaben, die den Unter­stüt­zungs­bedarf spe­zifi­zieren, zerlegt:

  • Problemerkennung, d.h. Sicherstellen einer schnellen Problementdeckung und Problemidentifikation;
  • Problemdokumentation, d.h. strukturiertes Aufzeichnen von Problemen (z.B. nach Prioritätsstufen);
  • Problembestimmung, d.h. Erkennen der für das Problem verantwortlichen Ursa­chen;
  • Problemumgehung bzw. Problembehebung, d.h. Wiederherstellen des Zustands, der vor dem Problemeintritt bestanden hat;
  • Problemlösung, d.h. Durchführen von Maßnahmen, die zur Beseitigung des Problems führen;
  • Problemprävention, d.h. Durchführen von Maßnahmen, die zur Besei­ti­gung der Ursache(n) für die Problementstehung führen (Änderungs­manage­ment).

Änderungsmanagement ist also in Problemmanagement eingeordnet; eine wei­tere Aufgabe wird darin nicht gesehen. Problemmanagement hat primär die Ver­bes­serung der Wirksamkeit am Benutzerarbeitsplatz zum Ziel (insbesondere durch Wie­derherstellen und durch Steigern der Verfügbarkeit), weniger die Verbes­se­rung der Wirtschaftlichkeit. Problemmanagement ist Angebot und Inan­spruch­nah­me von Problemlösungskapazität, die beim Benutzerservice vorhan­den ist und über die Benutzer selbst nicht verfügen.

Beratungsmanagement: Beratungsmanagement unterstützt die Benutzer durch Beratungsdienstlei­stun­gen darin, vorhandene Betriebsmittel wirksamer und/oder wirt­schaftlicher zu nutzen. Beratungsmanagement hat die Verbesserung der Wirk­sam­keit am Benutzerar­beits­platz zum Ziel (z.B. durch bessere Nutzung einer vorhan­denen Funk­tio­nalität) und/oder die der Wirtschaftlichkeit (z.B. durch Steigerung der Pro­duk­tivi­tät). Beratung schafft spezifische, auf das einzel­ne Beratungs­pro­blem abge­stimmte Pro­blemlösungskapazität bei den Benutzern, so dass die Inten­sivie­rung des Bera­tungsmanagements tendenziell zur Entlastung des Problem­mana­ge­ments führt.

Art und Umfang der Beratungsmaßnahmen werden wesentlich durch das Pro­blem­management beeinflusst, weil aus den Daten der Problemdokumentation Bera­tungs­bedarfe erkannt und in Beratungsmaßnahmen umgesetzt werden. Ob und in wel­chem Ausmaß sowie mit welcher Geschwindigkeit dies erfolgt, sind wesent­liche Eigenschaften des Beratungsmanagements.

Schulungsmanagement: Durch Schulungsmanagement soll die Qualifikation der Benutzer erhalten und bedarfsgerecht weiterentwickelt werden. Dazu gehört die Vermittlung der Kennt­nisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für einen sachgerechten Umgang mit Informationssystemen erforderlich sind, sowie auch der Kenntnisse, Fähig­keiten und Fertigkeiten, die Benutzer in die Lage versetzen, Benutzer­beteiligung zu prakti­zieren (vgl. Lerneinheit BEBET). Schulungs­mana­gement hat primär die Ver­besse­rung der Wirksamkeit am Benutzerarbeitsplatz zum Ziel (insbesondere durch bessere Nutzung der Funktionalität), weniger die Verbes­se­rung der Wirtschaft­lichkeit. So wie Beratungsmanagement schafft Schulungs­mana­ge­ment Problemlö­sungs­kapa­zität bei den Benutzern, so dass auch die Inten­sivierung des Schulungs­mana­ge­ments tendenziell zur Entlastung des Pro­blem­managements – wie auch des Bera­tungs­managements – führt. Im Unterschied zum Bera­tungsmanagement geht es beim Schulungsmanagement nicht um eine spezifische, auf das einzelne Bera­tungsproblem abgestimmte, sondern – je nach Schulungsziel und -inhalt – um die Herstellung einer breiteren Problemlösungs­kapazität.

Analog zum Beratungsmanagement werden Art und Umfang der Schulungsmaß­nahmen wesentlich durch das Problemmanagement beeinflusst, weil aus den Daten der Problemdokumentation Schulungsbedarfe erkannt und in Schulungs­maß­nah­men umgesetzt werden. Ob und in welchem Ausmaß sowie mit welcher Ge­schwin­digkeit dies erfolgt, sind wesentliche Eigenschaften des Schulungs­mana­gements.

Ressourcenmanagement: Ressourcenmanagements stellt den Benutzern Hilfs­mittel zur Ver­fügung, mit denen arbeitsplatzspezifische Vorbereitungs­arbeiten (z.B. das Erstellen von Doku­menten für die Textverarbeitung und von Scha­blo­nen) reduziert oder vermieden werden und die Arbeitsdurchführung erleichtert (z.B. durch Bereitstellung von Werkzeugen oder kleinen Anwen­dungs­pro­gram­men) oder koor­diniert wird (z.B. durch Richt­linien und Standards). Res­sour­cen­ma­na­gement hat primär die Ver­besserung der Wirtschaftlichkeit am Benutzer­ar­beits­platz zum Ziel (insbe­son­dere durch Steige­rung der Produktivität), weniger die Ver­bes­serung der Wirksamkeit.

Analog zum Beratungs- und Schulungsmanagement, werden Art und Umfang der Ressourcen wesentlich durch das Problemmanagement beeinflusst, weil aus den Daten der Problemdokumentation Ressourcenbedarfe erkannt und in Res­sourcen umgesetzt werden. Ob und in welchem Ausmaß sowie mit welcher Ge­schwin­dig­keit dies erfolgt, sind wesentliche Eigenschaften des Ressour­cen­ma­nagements.

Gleichgewicht beim Benutzerservice

Für einen wirksamen und wirtschaftlichen Benutzerservice ist ein ausgewogenes Ver­hältnis zwischen Problemmanagement und Beratungs-, Schulungs- und Res­sour­cenmanagement erforderlich. Weder darf das Problemmanagement die ande­ren Aufgaben dominieren (z.B. gemessen an der Anzahl der Pro­blem­fälle), noch umgekehrt; die Aufgaben müs­sen so im Gleichgewicht sein, dass der Benut­zerservice Dienstleistungen bei gegebener Wirksamkeit so wirtschaftlich wie mög­lich bzw. bei gegebener Wirt­schaftlichkeit so wirksam wie möglich erbringt. Jede Dienstleistung des Benutzerser­vice soll daher mit der Aufgabe wahrge­nommen werden, mit der die Dienstleistung so wirt­schaft­lich bzw. so wirksam wie möglich realisiert werden kann.

In analoger Weise wird die Forderung nach Gleichgewicht zwischen dem Be­nutzerservice mit allen Aufgaben und den Benutzern im Anwendungsumfeld pos­tuliert. Weder soll der Benut­zerservice die Anwender dominieren (kein Zwang zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen), noch umgekehrt (keine Eigenerbringung von Dienstleistungen durch die Benutzer, wenn diese vom Benutzerservice ange­boten werden). Eine Dienstleistung soll vom Benutzerservice dann angeboten und von den Benutzern dann beansprucht werden, wenn dies wirksamer und/oder wirt­schaft­licher ist, als wenn die Dienstleistung von den Benutzern selbst erbracht wird, vice versa.

Mit dieser Forderung soll Peer-to-Peer-Support unter Kontrolle gehalten bzw. ver­mieden werden. Empirische Befunde zeigen, dass Peer-to-Peer-Support zumin­dest bezüglich Wirtschaftlichkeit kritisch zu beurteilen ist; ein leistungs­fähiger Benut­zerservice kann Dienstleistungen wirtschaftlicher an­bie­ten. Es ist auch frag­lich, ob Peer-to-Peer-Support bezüglich Wirk­sam­keit mit einem leis­tungs­fä­higen Benut­zerservice konkurrieren kann.

Institutionalisierung Benutzerservice

Die Forderung nach Gleichgewicht zwischen den Aufgaben des Benutzerservice sowie zwischen diesen und den Benutzern bedeutet bezüglich der Struktur­orga­ni­sation, dass Benutzerservice eine zentrale Instanz ist. Bezüglich des Sach­cha­rak­ters der Aufgaben steht Problemmanagement im Vordergrund, Beratungs-, Schu­lungs- und Ressourcenmanagement stehen im Hintergrund. Bezüglich der Kom­pe­tenzebene der Aufgaben (Planen, Durchführen, Koor­di­nie­ren, Kontrollieren usw.) stehen Planen und Koordinieren im Vordergrund, Durch­führen steht im Hin­ter­grund. Daraus folgt, dass die Instanz Benutzerser­vice bei der Aufgabe Pro­blem­management alle Kompetenzebenen umfassen soll­te, bei den anderen Aufgaben sollte sie primär eine Planungs- und Koor­di­nierungs­funktion haben. Beratungs-, Schu­lungs- und Ressourcen­mana­gement sind insbe­son­dere bezüglich Durch­füh­rung verteilt oder ausgelagert. (Vgl. auch Abschnitt „Stellenbildung Benutzer­ser­vice“ in Lerneinheit STRUK.)

Es ist eine strategische Aufgabe des Informationsmanagements, Entscheidungen über die Aufgabenverlagerung von einer zentralen Instanz zu den Auf­gaben­trägern in den Fachabteilungen bzw. Geschäftsprozessen zu treffen bzw. über die Zu­ordnung bisher nicht wahrgenommener Aufgaben auf diese Aufgabenträger zu entscheiden. Dies kommt in der Formu­lierung der IT-Strategie zum Ausdruck (vgl. Lern­einheit STRAT). Für die Beantwortung der Frage, ob Benutzerservice im Wesentlichen zentra­li­siert oder verteilt institutionalisiert sein soll, gibt es eine Reihe von Pro- und Con­tra-Argumenten, die in der Fachliteratur ausführlich disku­tiert werden. Die Pro-Argu­mente der Zentralisierung entsprechen den Con­tra-Argu­menten der Dezentra­lisie­rung, vice versa.

Zentrales Argument ist die Quali­fi­kation des Per­so­nals bezüglich der Fachauf­gaben und der IT-Aufgaben. Einem zen­tralen Benutzerservice wird eine hohe Quali­fi­kation bezüglich der IT-Auf­gaben attestiert, einem dezentralen Benutzerser­vice bezüg­lich der Fachauf­gaben. Diese und ähnliche Argumente sind wenig über­zeu­gend. Entscheidender Einflussfaktor für die Verteilung des Benutzerser­vice ist die Größe der Informations­infra­struk­tur und ihre Gleichartig­keit oder Unterschied­lich­keit (z.B. bezüglich der ver­wendeten Betriebs­mittel). Mit anderen Worten: In klei­nen Unter­neh­men mit homogenen Betriebsmitteln hat ein zentral institutio­nalisierter Benutzerser­vice Vorteile gegen­über einem dezentral bzw. gemischt zen­tral/de­zen­tral institutio­na­lisierten Benutzerser­vice, vice versa (vgl. Abbil­dung INSIM-5). Entscheidend ist in allen Fällen die stän­di­ge Service-Ver­füg­bar­keit (soge­nannte Hot­line).

Erfolgsfaktoren Benutzerservice

Zum Messen des Erfolgs des Benutzerservice wird die Erfolgsfaktorenana­lyse verwendet (vgl. Lerneinheit ERFAN). Dazu ist es er­for­derlich, die für den Benutzerservice relevanten Erfolgsfaktoren zu entwickeln. Da Erfolgs­faktoren wesentliche Eigenschaften der Objekte sind, deren Aus­prägung gemes­sen wird, geht es hier um die Eigenschaften der vier Aufgaben des Benutzerservice. „Wesentlich“ heißt, dass messbare Unter­schiede der Aus­prägung einer Eigenschaft dann vorliegen, wenn die ange­botenen und in An­spruch genommenen Dienst­leis­tungen verändert werden. Erfolgs­­faktoren sind darüber hinaus im Sinn der Erfolgs­faktorenanalyse nur solche Eigen­schaften, die von Benutzern auf Grund ihrer Sachkenntnis aus eigener Arbeits­erfahrung beurteilt werden können.

Im Folgenden werden die in einer Fallstudie identifizierten Erfolgsfaktoren mit geeig­neten Bezeichnungen benannt und im Sinn einer Definition erläutert. Die Definitionen sind nicht zwingend auch für die Durchführung einer Erfolgs­messung geeignet; auf die zweckmäßige Formulierung im Fragebogen wird später einge­gangen (vgl. das Demonstrationsbeispiel). Mit Motivation bezeichnete Ergänzun­gen zur Defini­tion zeigen, von welchen Annahmen bei der Identifikation der Erfolgsfaktoren aus­ge­gangen wurde.

Bei der Identifikation und Definition der Erfolgsfaktoren wird das Ziel verfolgt, den gemeinsamen Schnitt von Eigenschaftsmerkmalen zu minimieren. Dies er­folgt, um die Mehrfachmessung gleicher Eigenschaftsmerkmale gering zu halten; ver­meiden lassen sich Mehrfachmessungen nicht. Dass die Erfolgsfaktoren nicht dis­junkt sind, muss bei der Interpretation der Messergebnisse berücksichtigt wer­den. Diese Forderung ist auch Begründung dafür, dass eine gründliche inhalt­liche Auseinandersetzung mit den Erfolgsfaktoren bei jeder Anwendung der Erfolgs­faktorenanalyse erforderlich ist. Es empfiehlt sich daher, Erfolgs­mes­sungen von externen Experten durchführen zu lassen oder sie zumindest nur mit deren Unter­stützung durchzuführen.

Erfolgsfaktoren Problemmanagement

Erfolgsfaktoren Problemmanagement sind Verfügbarkeit, Abnahmezeit, Be­he­bungs­zeit, Fachqualifikation, Kommunikationsfähigkeit und Anpassungs­fähig­keit. Akzeptanz wird nicht als Erfolgsfaktor verwendet, weil in dieser komplexen und nicht direkt messbaren Eigenschaft besser messbare Eigenschaften enthalten sind. Akzeptanz wird also in präzisere, besser messbare Eigenschaften zerlegt.

  • Verfügbarkeit Problemmanagement bezeichnet das Verhältnis zwischen der Benutzer-Arbeitszeit und der Problemmanagement-Arbeitszeit. Hohe Verfüg­bar­keit wird im Wesentlichen durch große Übereinstimmung zwischen Benutzer-Arbeitszeit und Problemmanagement-Arbeitszeit bestimmt, muss also nicht iden­tisch sein mit langer Problemmanagement-Arbeitszeit (z.B. „7 Tage rund um die Uhr”). Motivation: Die Benutzer erwarten, dass sie ein Problem dann weiter kom­­munizieren können, wenn es von ihnen erkannt wurde.
  • Abnahmezeit Problemmanagement bezeichnet die Zeitdauer zwischen dem Erkennen eines Problems durch den Benutzer und der Abnahme des Problems durch das Problemmanagement so, dass es bearbeitet werden kann. Eine unkla­re Problemformulierung durch den Benutzer, die zu Rückfragen führt, verlän­gert die Abnahmezeit. Motivation: Die Benutzer erwarten, ein Problem so schnell wie möglich an die Abnahmeinstanz kommunizieren zu können („das Problem schnell loswerden“).
  • Behebungszeit Problemmanagement bezeichnet die Zeitdauer zwischen dem Abschluss der Problemabnahme durch das Problemmanagement und dem Vor­liegen der Problembehebung oder Problemumgehung. Mit der Problem­behe­bung bzw. Problemumgehung ist aus Sicht des Benutzers der Zustand wieder hergestellt, der vor dem Erkennen des Problems bestanden hat. Bezüglich der Behebungszeit bestehen Erwartungen der Benutzer, die durch Ser­vice-Ebenen-Vereinbarungen präzisiert, gestützt und teilweise erst stimuliert werden (etwa die Erwartung, dass bestimmte Problemarten in einem bestimm­ten Umfang sofort behoben werden). Motivation: Die Benutzer erwarten, dass die gewohnte Funktionalität und Leistung so schnell wie möglich wieder hergestellt wird.
  • Fachqualifikation Problemmanagement bezeichnet die vom Benutzer erkenn­baren fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten der im Problem­mana­gement tätigen Aufgabenträger. Dabei geht es in erster Linie um die Quali­fika­tion, mit unterschiedlichen und neuen Problemsituationen fertig zu werden, Veränderungsbedarfe zu erkennen und an die zuständigen Aufga­benträger (z.B. Lieferanten, Hersteller, Entwickler) weiterzuleiten sowie Problemumgehungen („work around“) anzubieten. Fachqualifikation erfordert in der Regel auch gute Kenntnisse der Arbeitsplatzsituation beim Benutzer. Motivation: Die Benutzer erwarten einen sachverständigen Gesprächspartner, bei dem das Problem „gut aufgehoben“ ist.
  • Kommunikationsfähigkeit Problemmanagement bezeichnet die vom Benut­zer erkennbaren persönlichen Eigenschaften der im Problemmanagement täti­gen Aufgabenträger, die diese in die Lage versetzen, stressgeplagten Benut­zern schnell das Gefühl zu geben, „aufgehoben“ zu sein. Im Vordergrund steht die Fähigkeit, im Dialog mit den Benutzern die Informationen abzufragen, die zur Problemidentifikation erforderlich sind. Gemeint sind hiermit auch Eigen­schaf­ten, die es Benutzern erlauben, Ärger abzureagieren (Problemmanager als Blitz­ableiter). Aus diesem Grunde setzen manche Unternehmen Problem­manager ein, die eher Psychologen (z.B. ehemalige Lehrer) als Techniker sind. Moti­va­tion: Die Benutzer erwarten einen Gesprächspartner, bei dem sie sich persön­lich „gut aufgehoben“ fühlen.
  • Anpassungsfähigkeit Problemmanagement bezeichnet die Eigenschaft, aus bekannten Problemfällen Schlussfolgerungen zu ziehen, die zur Stimulierung des Beratungs-, Schulungs- und Ressourcenmanagements führen. Problemfälle sollen durch Beratung, Schulungsmaßnahmen und/oder Ressourcen, mit denen Pro­blem­lösungskapazität bei den Benutzern aufgebaut wird, ver­mie­den werden. Motivation: Die Benutzer erwarten, dass Problem­lösungs­kapa­zität auch vor Ort verfügbar ist, statt sie in jedem Problemfall beim Problemmana­gement anzu­fordern; sie wollen Problemfälle vermeiden.

Erfolgsfaktoren Beratungsmanagement

Bei der Identifikation von Erfolgsfaktoren Beratungsmanagement wird von den identifizierten Erfolgsfaktoren Problemmanagement ausgegangen; sie können auf das Beratungsmanagement übertragen werden. Wegen der zentralen Bedeutung des Problemmanagements ist eine Zerlegung der Eigenschaft Zeit (in Abnah­me­zeit und Behebungszeit) sowie der Eigenschaft Qualifikation (in Fach­qua­li­fi­kation und Kom­munikationsfähigkeit) zweckmäßig. Beim Beratungs­mana­gement – wie auch beim Schulungsmanagement und beim Ressourcenmanagement – werden sie zu­sam­mengefasst. Für das Beratungsmanagement werden also vier Erfolgs­faktoren verwendet: Verfügbarkeit, Reak­tionszeit, Qualifikation und Anpassungs­fähigkeit.

  • Verfügbarkeit Beratungsmanagement bezeichnet die Eigenschaft, die vom Benutzer angeforderte Beratung nach Art und Umfang und zum geforderten Zeitpunkt anzubieten. Alle angebotenen Beratungsdienstleistungen müssen so transparent sein, dass die Benutzer bei Bedarf volle Kenntnis davon erlangen und Beratungsanforderungen in einer angemesse­nen Zeit so ablegen können, dass diese aufgenommen und bearbeitet werden können. Motivation: Die Benut­zer erwarten Beratungsdienstleistungen, mit denen sie eigene Problemlösungs­kapa­zität aufbauen können.
  • Reaktionszeit Beratungsmanagement bezeichnet die Zeitdauer zwischen der Anforderung eines Beratungsbedarfs für eine verfügbare Beratungsdienst­leis­tung und dem Abschluss der Durchführung der Beratung. Motivation: Die Benutzer erwar­ten, dass eigene Problemlösungskompetenz in einem angemes­senen Zeit­raum erworben werden kann.
  • Qualifikation Beratungsmanagement bezeichnet die Fachqualifikation und die Kom­mu­ni­kations­fähigkeit der Berater. Stärker als beim Problem­mana­ge­ment wird Fachqualifikation von Benutzern danach beurteilt, ob gute Kennt­nisse über die Arbeitsplatzsituation vorhanden sind. Kommunika­tions­fähigkeit meint ins­be­son­dere didaktische Fähigkeit. Motivation: Die Benutzer erwarten, dass Be­ra­tungs­dienstleistungen von Personen angeboten werden, die fach­kundig und kommu­ni­kationsfähig sind.
  • Anpassungsfähigkeit Beratungsmanagement bezeichnet die Eigenschaft, aus den Beratungsfällen Schlussfolgerungen zu ziehen, die zur Veränderung des Schu­lungs- und Ressourcenmanagements führen. Beratungsfälle sollen durch Schu­lungsmaßnahmen und/oder Ressourcen, mit denen Problem­lösungskapa­zität bei den Benutzern aufgebaut wird, vermieden werden. Motivation: Analog Pro­blem­management.

Erfolgsfaktoren Schulungsmanagement

Erfolgsfaktoren Schulungsmanagement sind Verfügbarkeit, Reaktionszeit, Qua­li­fikation und Anpassungsfähigkeit.

  • Verfügbarkeit Schulungsmanagement bezeichnet die Eigenschaft, Schulungs­maßnahmen dem Schulungsbedarf der Benutzer entsprechend anzubieten. Das Schulungsziel muss primär auf die Nutzung und Verwendung der Informa­tions­syste­me statt auf deren Bedienung ausgerichtet sein (was in der Regel nur mit unternehmensspezifischen Schulungsmaßnahmen zu erreichen ist). Die Schu­­lungsinhalte müssen auch spezifische Bedarfe (z.B. betriebliche Stan­dards und Konventionen) berücksichtigen. Motivation: Die Benutzer erwarten, dass Schu­lungsmaßnahmen in der Häufigkeit, zu den Zeitpunkten und mit den Zeit­dau­ern angeboten werden, die zur Deckung des Schulungsbedarfs erfor­der­lich sind.
  • Reaktionszeit Schulungsmanagement bezeichnet die Eigenschaft, Schu­lungs­maßnahmen so durchzuführen, dass die Schulungsziele in einer angemessenen Zeit erreicht werden. Motivation: Die Benutzer erwarten, dass eigene Problem­lösungskompetenz möglichst schnell erworben werden kann.
  • Qualifikation Schulungsmanagement bezeichnet die Eigenschaft, zur Durch­füh­rung der Schulungsmaßnahmen fachlich und didaktisch geeignete Trainer ein­zu­setzen. Motivation: Die Benutzer erwarten eine hohe Schulungsqualität.
  • Anpassungsfähigkeit Schulungsmanagement bezeichnet die Eigenschaft, aus den Schulungsmaßnahmen Schlussfolgerungen zu ziehen, die zur Veränderung des Beratungs- und Ressourcenmanagements führen. Beratungsdienstleistungen und Ressourcen, mit denen Problem­lösungs­kapazität bei den Benutzern aufge­baut wird, sollen Schulungsmaßnahmen vermeiden helfen. Motivation: Analog Pro­blem­management.

Erfolgsfaktoren Ressourcenmanagement

Erfolgsfaktoren Ressourcenmanagement sind Verfügbarkeit, Reaktionszeit, Qua­li­fikation und Anpassungsfähigkeit.

  • Verfügbarkeit Ressourcenmanagement bezeichnet die Eigenschaft, Ressour­cen den Anforderungen der Benutzer entsprechend so anzubieten, dass das Angebot jederzeit transparent ist und in Anspruch genommen werden kann. Transparenz ist auch bezüglich der Art und Weise gemeint, mit der Bedarfe nach nicht vorhandenen Ressourcen artikuliert und so abgelegt werden können, dass sie bearbeitbar sind. Motivation: Die Benutzer erwarten, dass von ihnen benötigte Ressourcen angeboten werden.
  • Reaktionszeit Ressourcenmanagement bezeichnet den Zeitraum zwischen dem Entstehen eines Bedarfs an Hilfsmitteln bei den Benutzern und deren Nutz­bar­keit. Dabei kann es sich um vorhandene Hilfsmittel und um neue (zu ent­wi­ckelnde oder zu beschaffende) Hilfsmittel handeln. Motivation: Die Benut­zer erwarten, dass ein von ihnen erkannter Ressourcenbedarf in angemes­sener Zeit gedeckt wird.
  • Qualifikation Ressourcenmanagement bezeichnet die Eigenschaft, den Benut­zern Dienstleistungen mit einer geforderten Qualität zur Verfügung zu stellen. Motivation: Die Benutzer erwarten, dass die von ihnen artikulierten Qualitäts­forderungen von den Ressourcen erfüllt werden.
  • Anpassungsfähigkeit Ressourcenmanagement bezeichnet die Eigenschaft, aus der Ressourcennutzung Schlussfolgerungen zu ziehen, die zur Veränderung des Schulungs- und/oder Beratungsmanagements führen. Ressourcen sollen durch Beratungsdienstleistungen und Schulungsmaßnahmen, mit denen Problem­lö­sungs­kapazität bei den Benutzern aufgebaut wird, überflüssig gemacht werden. Motivation: Analog Problemmanagement.

Anwendungsbeispiel

Es wird die Gestaltung des Fragebogens gezeigt, der zur Messung des Erfolgs des Benutzerservice mit Hilfe der Erfolgsfaktorenanalyse (vgl. Lerneinheit ERFAN) verwendet werden kann. Dabei geht es in erster Linie darum, die Erfolgsfaktoren Benutzerservice so zu formulieren, dass eine ausreichend konsistente Beur­teilung durch die Benutzer möglich ist. Im Folgenden werden sie nicht nach den Aufgaben des Benutzerservice (vgl. weiter oben), sondern nach inhalt­lichen Merk­ma­len geordnet, und zwar wie folgt:

  • Erfolgsfaktoren, mit denen Verfügbarkeit erfasst wird;
  • Erfolgsfaktoren, mit denen Reaktionszeit erfasst wird;
  • Erfolgsfaktoren, mit denen Qualifikation erfasst wird;
  • Erfolgsfaktoren, mit denen Anpassungsfähigkeit erfasst wird.

Die 18 Erfolgsfaktoren werden, wie bei der Erfolgsfaktorenanalyse üblich, mit Groß­buchstaben (wegen der Verwechslungsgefahr mit I, aber ohne J) bezeichnet.

Verfügbarkeit

A Verfügbarkeit Problemmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird beurteilt, ob ein zuständiger Mitarbeiter des Benutzerservice zu dem Zeitpunkt angesprochen werden kann, zu dem beim Benutzer ein Problem entdeckt wird.

B Verfügbarkeit Beratungsmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird beurteilt, ob die Beratungsdienstleistungen vom Benut­zerservice angeboten werden, für die beim Benutzer Bedarf besteht.

C Verfügbarkeit Schulungsmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird beurteilt, ob die Schulungsmaßnahmen vom Benutzerservice angeboten werden, für die beim Benutzer ein Bedarf besteht.

D Verfügbarkeit Ressourcenmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird beurteilt, ob die Hilfsmittel vom Benutzer- Service angeboten werden, für die beim Benutzer ein Bedarf besteht.

Reaktionszeit

E Abnahmezeit Problemmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird der zur Abnahme eines Problems vom Benutzerservice benötigte Zeitbedarf beurteilt.

F Behebungszeit Problemmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird der zur Behebung oder Umgehung eines Problems vom Benutzerservice benötigte Zeitbedarf beurteilt.

G Reaktionszeit Beratungsmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird der zur Deckung eines Beratungsbedarfs vom Benutzerservice benötigte Zeitbedarf beurteilt.

H Reaktionszeit Schulungsmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird der zur Deckung eines Schulungsbedarfs vom Benutzerservice benötigte Zeitbedarf beurteilt.

I Reaktionszeit Ressourcenmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird der zur Deckung eines Ressourcenbedarfs vom Benutzerservice benötigte Zeitbedarf beurteilt.

Qualifikation

K Fachqualifikation Problemmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird die fachliche Qualifikation der Mitarbeiter des Benutzerservice beurteilt.

L Kommunikationsfähigkeit Problemmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird die Fähigkeit der Mitarbeiter des Benut­zerservice, mit den Benutzern gut kommunizieren zu können, beurteilt.

M Qualifikation Beratungsmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird die fachliche und didaktische Qualifikation der Personen, die Beratungen durchführen, beurteilt.

N Qualifikation Schulungsmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird die fachliche und didaktische Qualifikation der Personen, die Schulungsmaßnahmen durchführen, beurteilt.

O Qualifikation Ressourcenmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird die Qualifikation der Personen, die Res­sour­cen entwickeln und beschaffen, sowie die Qualität der Ressourcen beurteilt.

Anpassungsfähigkeit

P Anpassungsfähigkeit Problemmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird die Fähigkeit des Benutzerservice beurteilt, durch geeignete Beratungsdienstleistungen, Schulungsmaßnahmen und/oder Ressourcen zukünftige Problemfälle zu vermeiden.

Q Anpassungsfähigkeit Beratungsmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird die Fähigkeit des Benutzerservice beur­teilt, durch geeignete Schulungsmaßnahmen und/oder Ressourcen die Inan­spruch­nahme von Beratungsdiensten zu vermeiden.

R Anpassungsfähigkeit Schulungsmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird die Fähigkeit des Benutzerservice beur­teilt, durch geeignete Beratungsdienstleistungen und/oder Ressourcen zukünftige Schulungsmaßnahmen zu vermeiden.

S Anpassungsfähigkeit Ressourcenmanagement

Mit diesem Erfolgsfaktor wird die Fähigkeit des Benutzerservice beurteilt, durch geeignete Beratungsdienstleistungen und/oder Schulungs­maßnahmen die Entwicklung und/oder Beschaffung von Ressourcen zu vermei­den.

Literatur

Heinrich, L. J. / Häntschel, I.: Messen des Erfolgs des Benutzerservice. In: HMD – Theorie und Praxis der Wirtschaftsinformatik 189/1996, 75 – 97, in gekürzter Fassung in: Heinrich, L. J. / Häntschel, I.: Evaluation und Evaluationsforschung in der Wirtschaftsinformatik. Oldenbourg, München/Wien 1999, 323 – 337